In unserem Newsblog finden Sie Blogbeiträge rund um das Thema Demografie in der Arbeitswelt sowie Veranstaltungstipps und Nachberichte eigener Veranstaltungen zum Stöbern. © Modrow

15.02.2023

Employee Journey – Wie Unternehmen Fachkräfte beeindrucken können

Employee Journey
An den Tischen der ddn-Foren wurde über die Themenschwerpunkte für die kommenden Veranstaltungen beratschlagt. 

Wenn Fachkräfte knapp werden – und davon gehen wir aufgrund der demographischen Entwicklung aus – müssen sich Unternehmen verstärkt bemühen, Mitarbeitende zu gewinnen, zu halten und sich als attraktive Arbeitgeber zu positionieren. Wie die Besten dabei vorgehen, präsentierte Andreas Schubert von Great Place to Work bei der Demographie Werkstatt 2023. Birthe Kretschmer stellte dem Netzwerk ihre Erfahrungswerte aus der Praxis als Geschäftsführerin der ZEIT Akademie vor. An den Foren-Tischen leiteten die Teilnehmenden abschließend die relevanten Themen für das Veranstaltungsjahr von ddn Hamburg ab.

Querqualifikationen und kompetenzbasierte Arbeitsplätze 

Martina Schmeink
Martina Schmeink vom Demographie Netzwerk konnte viele Eindrücke aus der Praxis weitergeben.

"Der Fachkräftemangel ist nicht wegzudiskutieren", bestätigte Martina Schmeink, Geschäftsführerin des überregionalen Demographie Netzwerks im Interview mit Susanne Sabisch-Schellhas, Projektleiterin von ddn Hamburg. Laut dem Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur fehlen bundesweit bis 2035 rund 7 Millionen Fachkräfte, wenn nichts unternommen wird. "Wir müssen kreative Wege finden, Fachkräfte zu gewinnen und unterschiedliche Bewerbergruppen durch integriertes Diversity Management zu erschließen. Eventuell können wir auch Menschen motivieren, in Bereiche zu gehen, in denen sie gebraucht werden", regte sie an. "Ein Ansatz wäre auch, den Bewerbungsprozess neu zu denken und Arbeitsplätze kompetenzbasiert zu bauen."

Potenziale erkennen und heben

Claudia Hillebrand
Claudia Hillebrand von der Sozialbehörde machte die Unternehmen auf verstecktere Potenziale des Arbeitsmarktes aufmerksam.

Claudia Hillebrand, Fachreferentin im Bereich Arbeitsmarktpolitik bei der Hamburger Sozialbehörde, warb dafür, alle Potenziale des Arbeitsmarktes zu berücksichtigen und zu gewinnen. "Wir unterstützen beispielsweise Frauen, die Minijobs ausüben, beim Wechsel in eine vollzeitnahe und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Es würde helfen, wenn möglichst viele Menschen bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter arbeiten oder die Chancen des Hinzuverdienstes bei vorzeitigem Rentenbezug nutzen. Zudem ist es erfreulich, dass immer mehr Unternehmen das beschleunigte Fachkräfteverfahren mit Unterstützung des Hamburg Welcome Centers starten, um ausländische Talente zu gewinnen", so die Referentin. Noch mehr Berücksichtigung sei dagegen bei jungen Menschen mit dem ersten oder keinem Schulabschluss wünschenswert. "Nutzen Sie als Unternehmen die Möglichkeit einer Einstiegsqualifizierung oder eines Praktikums, um sich kennenzulernen und sich als Ausbildungsbetrieb zu zeigen."

Druck auf Unternehmen steigt

Andreas Schubert
Andreas Schubert von Great Place to Work sieht die Arbeitsplatzqualität kontinuierlich steigen.

Warum Unternehmen unter Druck stehen, sich als attraktive Arbeitgeber zu präsentieren, umriss Andreas Schubert, Geschäftsführer von Great Place to Work. "Neben dem Wegbrechen der Arbeitnehmer/-innen durch den demographischen Wandel, steigt auch die Fluktuation der Beschäftigten immer mehr. Hybrides Arbeiten bindet sie nicht mehr an einen bestimmten Ort. Unternehmen konkurrieren weltweit um Arbeitskräfte." Dazu komme, dass Unternehmen ihre Kommunikation aufgrund der digitalen Transparenz nicht mehr autark steuern können. Plattformen wie Kununu erfordern ein ehrliches und nachhaltiges Employer Branding.

Unternehmenswerte wichtiger als Gehalt

"Als Konsequenz nimmt die Arbeitsplatzqualität in Deutschland und weltweit zu", berichtete Andreas Schubert. Allein Great Place to Work hat bereits 10.000 Unternehmen ausgezeichnet und auch Studien bestätigen den Aufwärtstrend. Unternehmen, die sich immer noch nicht aktiv um ihre Mitarbeitenden bemühen, haben im Kampf um die Talente das Nachsehen.

Michail Gorbatschow in der Präsentation von Andreas Schubert
"Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!", fasste Andreas Schubert die Lage der Unternehmen zusammen.

Mit dem Gorbatschow-Zitat "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben!" fasste Andreas Schubert die Lage eindrücklich zusammen. Dabei hängt die erlebte Arbeitgeberattraktivität nicht vom Gehalt ab. "Unsere Umfragen zeigen ganz andere Treiber: 1. Wertschätzung durch Führungskräfte, 2. Vertrauen und Verantwortungsübertragung, 3. Stolz, im Unternehmen zu arbeiten und 4. ein Teamgeist, bei dem alle Mitarbeitenden an einem Strang ziehen", so der Experte.

Mit einfachen Mitteln zum Ziel

Wie lassen sich diese Unternehmenswerte, die für die Fachkräfte eine so große Rolle spielen, etablieren und schon im Bewerbungsprozess sichtbar machen? Andreas Schubert hatte einen ganzen Koffer an guten Beispielen im Gepäck und forderte die Teilnehmenden aktiv zum Klauen auf. Von sehr einfach umzusetzenden Ideen (z. B. Übermittlung der Lebensläufe von allen am Bewerbungsgespräch teilnehmenden Personen und mittägliche "Blind Dates" unter Mitarbeitenden auf Kosten des Betriebs und eigenverantwortliches Erstellen der Schichtpläne) bis hin zu extremen Vertrauensbeweisen (z. B. Übertragung der Führungsprozesse an Auszubildende für einige Tage) war für jedes Unternehmen – egal ob klein oder groß – etwas dabei. Die ganze Palette der Vorschläge finden Sie in der Präsentation von Andreas Schubert (PDF).

Weiterbildung als Bindungs- und Qualifizierungsinstrument

Birthe Kretschmer
Durch Weiterbildung gewinnen Unternehmen und Mitarbeitende, belegte Birthe Kretschmer von der ZEIT Akademie.

Birthe Kretschmer, Geschäftsführerin der ZEIT Akademie, stellte anschließend den Teil der Employee Journey vor, der ihr besonders wichtig ist: den Bereich Entwicklung und Weiterbildung von Mitarbeitenden. Digitalkompetenz und Selbstlernkompetenz sind Schlüsselfähigkeiten für digitales Lernen und Arbeiten, lautete ihre erste These zur Weiterbildung. "Dabei hat sich das Lernen schon lange von Abschlüssen entkoppelt, da die Wissensaufnahme viel flexibler und schneller gehen muss. Lernen ist Teil des Arbeitsalltags", so Birthe Kretschmer. Dafür müssen die Führungskräfte Treiber dieser Entwicklung werden und das Unternehmen muss entsprechende Angebote bereithalten. 

HR-Verantwortliche als Contentmanager/-innen

Bild: Demographie Werkstatt
Input und Interaktion hielten sich bei der Demographie Werkstatt die Waage.

"Die Evaluation neuer Lernangebote und deren Bereitstellung wird zu einer zentralen Kompetenz von HR-Verantwortlichen", erklärte Birthe Kretschmer. Lernbedarfe müssten im Austausch zwischen Mitarbeitenden, Führungskraft und Personalverantwortlichen bestimmt werden. "Darüber hinaus gewinnt der Return on Learning zunehmend an Bedeutung, um den Erfolg des Lernens im Unternehmen sichtbar zu machen", sagte sie mit Verweis auf die Studie der ZEIT Akademie "Return on Learning". Nur so könne die Bedeutung der Weiterbildung belegt und damit der zeitliche und finanzielle Invest gerechtfertigt werden. 

Hin zu einer guten Lernkultur

"Selbstbestimmung, Flexibilität und Transparenz sind Treiber für eine gute Lernkultur", weiß Birthe Kretschmer. Und die Bedeutung der Lernkultur steigt mit dem Ringen um die Fachkräfte. "Dass die fortlaufende Weiterentwicklung und Selbstwirksamkeit die Zufriedenheit von Mitarbeitenden fördern, belegen Studien wie der Hay Report 'Lebenslanges Lernen'", betonte sie.

Das Netzwerk von ddn Hamburg in Aktion

Nach so viel Input war es Zeit für den interaktiven Teil der Präsenzveranstaltung. An vier Tischen stellten sich die Moderatorinnen und Moderatoren der sechs Foren von ddn Hamburg vor und luden ein, die Touchpoints der Employee Journey für den jeweiligen Bereich zu eruieren. Die Teilnehmenden stiegen in einen regen Austausch ein und nutzten die Gelegenheit, Kontakte untereinander zu knüpfen. 

Tisch: Employer Branding & New Work
Der Tisch des Forums "Employer Branding & New Work" sowie "Strategische Personalplanung" mit Sylke Jehna und Dr. Stefan Stracke.

Employer Branding & New Work sowie Strategische Personalplanung

Für das Forum Employer Branding & New Work wurden die Touchpoints Recruiting, Mitarbeiterbeteiligung und Offboarding in den Fokus genommen. Themenvorschläge waren Maßnahmen für mehr Work-Life-Balance (z. B. in der Pflegebranche) und New Work in der Produktion (z. B. die Einführung der Vier-Tage-Woche für mehr Flexibilität auch im Schichtbetrieb). Weitere Themen waren: Mitarbeitende als Markenbotschafter/-innen und die Abstimmung von Austritts- und Wiederbeschäftigungsszenarien mit scheidenden Mitarbeitenden.

Tisch: Employer Branding & New Work
Der Tisch des Forums "Qualifizierung & Wissensmanagement" mit Ute Flügge.

Qualifizierung & Wissensmanagement

Drei Themenvorschläge konnten für das Forum Qualifizierung & Wissensmanagement identifiziert werden: Betriebliche Qualifizierung mit kleinem Budget, Qualifizierung für lernferne Mitarbeitende und Implementierung eines neuen Lernbegriffs. Die Unternehmen berichteten über eigene erprobte Formate wie "Lunch & Learn" und „Kopf-Café" sowie von innovativen Ansätzen in Form von Gamification oder Lernnuggets. Die genannten Formate sind im Wesentlichen dem Touchpoint Development zuzuordnen, können aber auch im Touchpoint Onbording wirksam eingesetzt werden. 

Tisch: BGM & Inklusion
Der Tisch des Forums "Inklusion" sowie "BGM" mit Fleur Glana, Ewa Jakubczak und Dr. Oliver Borszik.

Betriebliches Gesundheitsmanagement & Inklusion

Bei den Foren Betriebliches Gesundheitsmanagement sowie Inklusion standen Fragen der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden und der inklusionsfreundlichen, zugehörigkeitsförderlichen Unternehmenskultur im Vordergrund. Die Notwendigkeit von gegenseitigem Verständnis und mehr Offenheit für gesundheitliche Belange der Mitarbeitenden und für Diversität prägte den Austausch über mögliche Maßnahmen. Diese sollen sich am Bedarf der Mitarbeitenden orientieren. Die Teilnehmenden schlugen unter anderem innovative Ansätze zum besseren Erkennen und offeneren Umgang mit gesundheitlichen Aspekten und Formate für Perspektivwechsel vor. Hilfreich ist die strukturelle Vernetzung von Verantwortlichen in diesen Bereichen.

Tisch: Generationenmanage
Der Tisch des Forums "Generationenmanagement" mit Dr. Leonie Koch und Klaus-Peter Mikulla.

Generationenmanagement

Am Tisch zum Generationenmanagement reflektierten die Teilnehmenden den aktuellen Stand der Maßnahmen in ihren Unternehmen. Positiv fielen das Selbstmarketing der Unternehmen, die Beteiligungsmöglichkeiten und die Integration aus, wohingegen beim Fördern und Fordern, Kontakthalten, Zurückgewinnen und Inspirieren von Mitarbeitenden noch Defizite zu verzeichnen sind. Anlass für ddn Hamburg zu diesen Themen im neuen Jahr Impulse zu setzen.  

 

Wir bedanken uns bei den Referenten/-innen, den Moderatoren/-innen der Foren und unserem aktiven Netzwerk und freuen uns auf die Umsetzung der Ideen und Anregungen im Rahmen der ddn-Veranstaltungen im laufenden Jahr!

 

Download:

Präsentation von Birthe Kretschmer, Geschäftsführerin der ZEIT Akademie (PDF)

Präsentation von Andreas Schubert, geschäftsführender Gesellschafter von Great Place to Work (PDF)

 

Studien: 

ZEIT Akademie: Return on Learning Hay Report:

Lebenslanges LernenMasterplan: So misst du Lerneffekte im Unternehmen

Analysebericht 2020: Fachkräftesituation in Hamburg

 

Programme und Fördermöglichkeiten der Stadt Hamburg:

Europäischer Sozialfonds

Allianz für Familien Hamburg

 

Hintergrund der Demographie Werkstatt

Die Demographie Werkstatt am Anfang eines jeden Jahres stellt die Weichen für das neue Veranstaltungsjahr bei ddn Hamburg. Als Vernetzungsplattform von Unternehmen für Unternehmen sammeln wir die Themen, die dem Netzwerk besonders wichtig erscheinen. Hieran anknüpfend, bieten die sechs Foren jeweils zwei bis drei Veranstaltungen an, die die geäußerten Bedarfe aufgreifen und Lösungsansätze sowie Best Practice präsentieren. 

Teil von ddn Hamburg werden!

Sie möchten am Netzwerk von ddn Hamburg teilhaben? Dann registrieren Sie sich kostenfrei und Sie erhalten alle Einladungen zu unseren Netzwerktreffen und Workshops. Wir freuen uns auf Sie!

Hier geht’s zur kostenfreien Registrierung.

Fotos: © KWB e. V.