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11.07.2024

Mitarbeiterqualifizierung und Wissenstransfer mit KI gestalten

Umfrage: Was sind unsere Herausforderungen beim Wissenstransfer?
Umfrage unter den Teilnehmenden: Was sind unsere Herausforderungen beim Wissenstransfer?

"Lernen kostet Unternehmen viel Geld. Unwissenheit ein Vermögen", mit dieser Einsicht von Derek Bok, Präsident der Harvard University, leitete Katrin Grossmann, CEO bei 4bestHR, ihr Plädoyer für die Sicherung von Erfahrungswissen ein. Wie Künstliche Intelligenz (KI) dabei unterstützen kann und wie die Anwendung in einem mittelständischen Betrieb gelingt, erfuhren die Teilnehmenden von Bernd Wiest, KI-Experte, und Theres Schröter, Qualitätsmanagerin bei der Kohrener Landmolkerei GmbH. 

Erfahrungswissen ist der Schlüssel 

"Wir können viel lernen und eignen uns damit ein entsprechendes Fachwissen an", führte Katrin Grossmann aus. "Um zu verstehen, wie und warum etwas funktioniert und um angemessen handeln zu können, benötigen wir jedoch darüber hinaus unser Erfahrungswissen." Dieses Wissen steht bei dem von ihr und Bernd Wiest entwickelten Wissenstransfer.io-Verfahren© im Fokus. Es ermöglicht das Erfassen und den Transfer von implizitem Wissen, das nur in den Köpfen der erfahrenen Mitarbeitenden vorhanden ist.

Am Anfang des Prozesses steht ein Strategie-Workshop, der klärt, welches Wissen gesichert und vermittelt werden soll. Dann folgt ein sechsstufiges Verfahren zur Erfassung und Aufbereitung. Im ersten Schritt wird das Erfahrungswissen in SMART-Videointerviews durch geschulte Journalisten/-innen ermittelt. Hinzu kommen Videos von Tätigkeiten, die die Mitarbeitenden zwar routiniert ausführen, aber nicht beschreiben können.

So wird implizites Wissen in digitale Lernnuggets verwandelt

Im zweiten Schritt erfolgt die Erfassung aller vorhandenen Dokument, Interviews und Videos. Von diesen Arbeiten übernimmt KI bereits einen Anteil von 20 Prozent, erläuterte der KI-Experte Bernd Wiest, der die technische Seite des Verfahrens vorstellte. 

Bei der Aufbereitung des Wissens in Schritt drei steigt dieser Anteil auf 80 Prozent. Die KI wird mit Lernzielen und Stichpunkten zum Inhalt des Kurses trainiert. Sie greift auf das zur Verfügung gestellte Material zurück und transkribiert die Texte. Die KI fügt dann das Material in einem digitalen SMART-Curriculum zusammen. Sie erstellt die Skripte für den Videotext und die Video-Footage (Ausgangsmaterial für den Schnitt und die weitere Postproduktion).

Ein Erklär-Avatar und eine professionell anmutende KI-Stimme präsentieren den Text. Die Übersetzung in zahlreiche Sprachen kann KI schnell und kostengünstig generieren. Ein unbedingter Vorteil bei mehrsprachigen Belegschaften. Was dabei herauskommt, sind kurze visuelle Lerneinheiten. 

Bei der Bereitstellung des Wissens in Schritt vier beträgt die KI-Unterstützung 30 Prozent. Die Lerneinheiten werden in das firmeneigene Lern- oder Contentmanagement-System eingepflegt. Um auch den Lernfortschritt schon zwischendurch zu prüfen, werden in Schritt fünf digitale SMART-Quizzes in die Videos eingebaut, die auch Interaktion mit den Lernenden erzeugen. KI ist mit einem Anteil von 60 Prozent an der Entwicklung und Einspeisung in die Systeme von Übungen und Transferaufgaben beteiligt.  

Schritt sechs beinhaltet die Lernerfolgskontrolle, die sich am vierstufigen Bewertungsmodell von Kirkpatrick (Reaktion, Lernen, Verhalten und Ergebnisse) orientiert. Zum einen kann KI den Lernerfolg überprüfen und das Lernverhalten tracken. Hier könnte auch ein Lerncoach hinzukommen, der Hinweise gibt.  Zum anderen festigen oder aktualisieren Smart-Reminders, die zum Beispiel als QR-Codes in den Muttersprachen der Mitarbeitenden an den passenden Arbeitsorten angebracht sind, das erworbene Wissen.

Ein zusätzlicher Nutzen für das Unternehmen ist die stetige Evaluation, die verlässliche Daten liefert und im betrieblichen Audit hinzugezogen werden kann.

Die Einsparung an Entwicklungszeit mit Hilfe von KI bezifferte der KI-Experte auf etwa 50 Prozent. Der Prozess kann also schneller, flexibler und kostengünstiger erfolgen und ist dabei außerdem nachhaltiger, weil die Clips beliebig oft eingesetzt und mit äußerst geringen Aufwand jederzeit angepasst werden können.

Smart-Clips in Boarding-Prozessen nutzen 

Katrin Grossmann stellte die vielfältigen Einsatzbereiche der digitalen Lerneinheiten vor. Neue Mitarbeitende erhalten schon vor dem ersten Arbeitstag Zugang zu den Online-Kursen. Im On-Boarding-Prozess können sie bis zum Ende der Probezeit mit weiteren Inhalten geschult werden. Auch im Falle von Krankheits- und Urlaubsvertretung oder, wenn der Mitarbeitende einen neuen Job im Unternehmen übernimmt, vermitteln die Smart-Clips das benötigte Wissen. 

Beim Off-Boarding kann das Erfahrungswissen der ausscheidenden erfahrenen Fachkräfte mit dem Wissenstransfer.io-Verfahren© gesichert werden. Ist der Prozess eingespielt, gelingt es in der Zeit von der Kündigung bis zum Ausscheiden, erfolgskritisches Wissen zu sichern. Bei einer Verrentung gibt es genügend Vorlauf, um rechtzeitig mit dem Wissenstransfer zu beginnen.

Praxisbeispiel aus der Kohrener Landmolkerei

Wie ihr Unternehmen von der neuen Form der Wissenssicherung und -vermittlung profitiert, erläuterte Theres Schröter, Qualitätsmanagerin der Kohrener Landmolkerei. Das Unternehmen beschäftigt 93 Mitarbeitende aus 10 verschiedenen Nationen. 80% arbeiten 7 Tage in einer 3-Schicht Produktion. Nicht alle verfügen über gute Deutschkenntnisse.

Theres berichtete anhand der Pflichtschulung "Hygienevorschriften", wie die neuen Smart-Clips ihre Arbeit erleichtern. "Ich habe im Jahr 60 bis 80 Schulungen durchgeführt, denn es ist schwierig, die Mitarbeitenden aufgrund von unterschiedlichen Arbeitszeiten zu erreichen. Außerdem stellen wir ständig neue Leute ein", beschrieb die Qualitätsmanagerin ihre Situation.

Allein für Vermittlung von Standardinformationen musste sie zweimal im Monat eine Stunde aufwenden. Hinzu kamen die Erstunterweisungen sowie Schulungen zur Arbeitssicherheit, Hygiene und spezielle Audit-Schulungen, HACCP,  Allergenen und zum Infektionsschutz.

Am Beispiel der Schulung zum sorgfältigen Händewaschen, die zur Qualitätssicherung in einem Lebensmittelbetrieb unbedingt erforderlich ist, zeigte die Referentin die Vorteile der digitalen Clips auf. Was vorher in zahlreichen analogen Dokumenten verschriftlicht war, ist heute im Smart-Clip-Portal konzentriert und nutzerfreundlich von überall abrufbar. Die sprachliche Unterlegung ist in allen benötigten Sprachen mit KI schnell und kostengünstig umzusetzen. 

Theres Schröter hat festgestellt, dass die Lerninhalte durch die Clips ansprechender präsentiert werden und nachhaltiger wirken, denn sie vermitteln das "Warum", indem sie auf Folgen mangelnder Sorgfalt beim Händewaschen explizit hinweisen. Außerdem wird das Wissen durch Lernerfolgskontrollen erstmalig geprüft sowie durch Wiederholung, z. B. über QR-Codes an den Waschbecken, gefestigt. 

Den größten Benefit sieht die Qualitätsmanagerin darin, dass die KI-gestützte Wissensvermittlung ihren zeitlichen Aufwand für Schulungen auf ein Viertel reduziert hat.

Wie KI neben dem Wissenstransfer auch dem Fachkräftemangel entgegenwirkt, erfahren Sie am Beispiel der Logistik am 24. September 2024 in unserem Forum Employer Branding & New Work. Die Otto Group, die HHLA und das Start-up Planningio stellen vor, wo und wie sie KI bereits erfolgreich einsetzen.


Forum  Employer Branding & New Work

Logistik aktuell: Ist KI die Lösung gegen den Fachkräftemangel?

Dienstag, 24. September 2024
18:00 Uhr bis 19:45 Uhr

Präsenzveranstaltung
KWB e. V., Kapstadtrig 10, 22297 Hamburg

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