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09.12.2024

20 Prozent wegen Wechseljahren vorzeitig im Ruhestand

Prof. Dr. Andrea Rumler
Prof. Dr. Andrea Rumler ist Professorin für allgemeine BWL und Marketing an der HWR Berlin. Sie hielt eine Keynote bei der Online-Tagung "Change Maker 50+" 2024. Foto: © Manfred H. Vogel

Die Wechseljahre sind gerade im Arbeitskontext ein Tabuthema. Dabei wird unterschätzt, welchen Einfluss sie auf die berufliche Entwicklung von Frauen haben. Prof. Dr. Andrea Rumler von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin (HWR Berlin) hat die deutschlandweit erste Studie zu Wechseljahren und ihren Auswirkungen am Arbeitsplatz erhoben. Im Interview mit Nicole Schmutte, Gleichstellungsbeauftragte und Diversity Managerin​ beim NDR, berichtet sie von den Studienergebnissen und zieht Schlüsse für Unternehmen.

Schmutte: Mehr als 9 Millionen Frauen in Deutschland sind in den Wechseljahren. Viele kommen mit 40+ in diese hormonelle Umstellungsphase und sind in dieser Zeit mitten in der Rush Hour des Arbeitslebens. Vielleicht sind sie auf dem Weg in die nächste Führungsposition und dann mit körperlichen und auch psychischen Verstimmungen konfrontiert, mit denen sie selbst schon nicht gut umgehen können. Frau Professorin Rumler, wie viele Frauen in Ihrer Befragung spüren die Wechseljahre als ein Tabuthema am Arbeitsplatz?

Rumler: Mehr als die Hälfte der Befragten, ganz genau 52,3 Prozent, sagen genau das. Knapp 24 Prozent sind sich nicht sicher und nur 24 Prozent der Frauen erleben das an ihrem Arbeitsplatz anders, sehen das Thema also nicht als Tabu am Arbeitsplatz an.

Schmutte: Welches Ergebnis der Befragung hat Sie beim MenoSupport am meisten überrascht?

Rumler: Die starken Auswirkungen, die das Erleben der Wechseljahre auf die Karriereentscheidung der Frauen hat. Knapp 20 Prozent der über 55-Jährigen wollen vorzeitig in den Ruhestand gehen oder haben dies bereits getan. 24 Prozent aller Befragten haben bereits Stunden reduziert, 18 Prozent die Stelle gewechselt und knapp 16 Prozent bereits eine Auszeit genommen.

Schmutte: Wie stark fühlen die betroffenen Frauen sich von Kolleginnen und Kollegen oder den Vorgesetzten verstanden und wahrgenommen?

Rumler: Kurz gesagt: so gut wie nicht. Weniger als 5 Prozent der Befragten geben an, dass ihre Führungskräfte für das Thema sensibilisiert wären, und der Wert für die Mitarbeitende ist kaum höher.

Nicole Schmutte
Nicole Schmutte, Gleichstellungsbeauftragte und Diversity Managerin​ beim NDR.

Schmutte: Wie ausführlich wird das Thema Wechseljahre in den Unternehmen in Deutschland thematisiert?

Rumler: Bisher in sehr wenigen Unternehmen, aber wir haben das Gefühl, dass sich das gerade ändert. Die Ergebnisse unserer Studie liegen jetzt seit 10 Monaten vor und sie sind sehr ausführlich in vielen verschiedenen Medien, von Fachpublikationen bis zum Fernsehen, kommuniziert worden. Wir sind optimistisch, dass vielen Führungskräften klar geworden ist, wie wichtig das Thema für das eigene Unternehmen ist.

Schmutte: Warum ist eine Befassung mit den Wechseljahren für den Arbeitsmarkt so wichtig?

Rumler: Kurz gesagt: weil wir unter einem massiven Fachkräftemangel leiden. Wenn die Frauen zwischen 40 und 65 weiter in so hohem Maße weniger oder gar nicht mehr arbeiten, weil sie sich mit ihren Wechseljahresbeschwerden am Arbeitsplatz allein gelassen fühlen, fehlen den Unternehmen gut ausgebildete und eingearbeitete Mitarbeiterinnen, die nur schwer ersetzbar sind. Also lohnt es sich schon unter ökonomischen Gesichtspunkten, wenn in den Unternehmen Strategien zur Unterstützung der Frauen entwickelt und umgesetzt werden.

Schmutte: Wie geht es nach den Ergebnissen, die Sie im MenoSupport gewonnen haben, nun in der Praxis weiter?

Rumler: Das haben die Unternehmen selbst in der Hand. Wir sind mit vielen in Kontakt und bekommen regelmäßig Anfragen, was die Unternehmen denn tun können. Das wollen wir unter anderem auch in einem Folgeprojekt zu MenoSupport gemeinsam mit zwei mittelständischen Unternehmen in die Praxis umsetzen.

Schmutte: Vielen Dank, Professorin Rumler, für das Gespräch.

 


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