Sie haben eine unserer Veranstaltungen verpasst oder möchten Informationen zu einer besuchten Veranstaltung nachlesen? Hier dokumentieren wir die Fachforen und Arbeitskreise für Sie.
Das Forum BGM bot interessierten Unternehmensvertreter/-innen eine Plattform, um über das Potenzial der Generation 50+ am Arbeitsmarkt zu diskutieren und Wege zu finden, wie Unternehmen das Wissen und die Erfahrung dieser Altersgruppe nachhaltig nutzen können. Die Veranstaltung zielte darauf ab, Lösungsansätze zu entwickeln, um den steigenden Fachkräftemangel zu mildern und Beschäftigten der Generation 50+ die Möglichkeit zu geben, gesund und motiviert bis zur Rente und darüber hinaus erwerbstätig zu bleiben.
Den Auftakt der Veranstaltung bildeten zwei aktuelle Studien, die das Thema Renteneintritt und Verbleib im Erwerbsleben beleuchteten. Albrecht Wehner von der Techniker Krankenkasse stellte die Ergebnisse des aktuellen Gesundheitsreports "Fachkräftemangel: Was hält die Generation 50+ im Job?" vor.
Dem Bericht zufolge plant fast ein Drittel der Beschäftigten über 50 Jahren, vor dem gesetzlichen Rentenalter aus dem Arbeitsleben auszuscheiden. Nur 12,1 Prozent der Befragten können sich vorstellen, nach Erreichen der Altersgrenze weiterzuarbeiten. Wehner machte deutlich, dass eine Stärkung der Gesundheit und Motivation essenziell ist, um diesen Trend umzukehren.
Wichtig für Unternehmen: Die Wünsche der Mitarbeitenden und die Angebote der Unternehmen, die eine Entscheidung für die Weiterarbeit begünstigen könnten, klaffen noch auseinander. Ganz oben auf der Wunschliste der über 50-Jährigen stehen flexible Arbeitszeiten, gefolgt von Flexibilisierung der Arbeitsorganisation sowie gesundheitsförderlichen Maßnahmen, womit auch Feedbackkultur, Wertschätzung und Führung gemeint sind. Aufstiegsmöglichkeiten, Projekteinbindung, Entwicklungsgespräche sowie ein strukturiertes Eingliederungsmanagement helfen, Mitarbeiter/-innen 50+ ans Unternehmen zu binden.
Präsentation von Albrecht Wehner (PDF)
Die Teilnehmenden des Forums gaben ebenfalls ihr Votum dazu ab, was sie länger im Job halten würde. Wertschätzung, flexible Arbeitszeit aber auch Fortbildung standen bei ihnen an erster Stelle.
Birthe Kretschmer von der ZEIT-Akademie präsentierte die Ergebnisse der Civey-Studie "Länger arbeiten? Nicht um jeden Preis", die das Demographie Netzwerk e. V. in Auftrag gegeben hatte. In der Befragung von 2.500 Beschäftigten im Alter von 18 bis 65+ Jahren gaben 63 Prozent ein Wunschrentenalter von 63 Jahren an. Auffallend war, dass sich der Zeitpunkt mit zunehmendem Alter nach hinten verschob.
Die Studie zeigt, dass gute Arbeitsbedingungen, die sich an den Lebensphasen der Beschäftigten orientieren, der entscheidende Faktor sind, um die Beschäftigungsfähigkeit älterer Mitarbeitender zu fördern. Dazu zählt das freie Wählen der Arbeitszeit und des Arbeitspensums, mehr Gehalt, weniger körperliche Belastung und Stress sowie Wertschätzung durch Vorgesetzte.
Kretschmer erläuterte, dass Organisationsklima und Führungskultur des Unternehmens entscheidend sind, um ältere Mitarbeitenden langfristig zu binden. Unternehmen können bei den Beschäftigten mit einem lebensphasenbegleitenden Gesundheitsmanagement, Angeboten zur persönlichen Entwicklung und einem strukturierten Wissensmanagement punkten.
Die aufrüttelnde Botschaft, dass 50 Prozent der Älteren keine Perspektiven in ihrer beruflichen Zukunft sehen, nahm Kretschmer zum Anlass, auf die Dringlichkeit eines übergreifenden Demographie Managements zu verweisen. Sie stellte den Later Life Workplace Index als ein geeignetes Instrument vor, um dieses Thema strukturiert anzugehen.
Anhand von sieben Säulen mit detaillierten Fragen zu Arbeitsgestaltung, Gesundheitsmanagement, persönlicher Entwicklung, Wissensmanagement, Übergang in den Ruhestand, Weiterbeschäftigung nach Renteneintritt sowie Versicherungen und Vorsorge können Unternehmen ihre Situation analysieren und Ziele formulieren.
Die Teilnehmenden gaben in der Veranstaltung ihr eigenes Votum dazu ab, wo ihr Unternehmen bereits gut aufgestellt wäre und wo noch Handlungsbedarf bestände. Gut aufgestellt sahen sich die Unternehmensvertreter/-innen im Bereich der Arbeitsgestaltung. Noch Luft nach oben gab es bei der frühzeitigen Übergangsplanung, der fortlaufenden Entwicklungsplanung, dem Eingehen auf Individualität seitens der Führung sowie im Bereich Versicherungen und finanzielle Unterstützung in Notlagen.
Präsentation von Birthe Kretschmer (PDF)
Nach den Studienberichten trugen die Praktikerinnen Dr. Leonie Koch und Klaus-Peter Mikulla ihre Erfahrungswerte aus der Praxis bei. Beide haben langjährige Erfahrung in der Gründung und Führung von internen Netzwerken für die Generation 50+ in großen Unternehmen wie OTTO und Beiersdorf. Sie gründeten auch das Netzwerk "Change Maker 50+" mit, das sich für eine unternehmensübergreifende Altersvielfalt einsetzt.
Mikulla betonte die Notwendigkeit einer Weiterentwicklung der Gesundheitsförderung und der Prävention für Mitarbeitende 50+ und betonte, wie wichtig der Faktor "Vertrauen" für ein wertschätzendes Miteinander ist. Er sprach sich dafür aus, dass Ältere ihre Ansprüche und Erwartungen an das Unternehmen auch aktiv artikulieren und einfordern. "Die Unternehmen sind es gewohnt, die Leute ab Mitte 50 auszusteuern. Aber da passiert gerade ein Umdenken. Und was wir tun können, ist uns zu zeigen. Lauter werden", so Mikulla. Ein Weg, um sich Gehör zu verschaffen, sind firmeninterne Netzwerke 50+. Gerne unterstützen die erfahrenen Netzwerker/-innen von "Change Maker 50+" andere Unternehmen bei der Gründung eigener Generationennetzwerke.
Dr. Koch konnte den dringenden Bedarf der Altersgruppen 50+ und 60 + an Wertschätzung und Unterstützung aus eigenem Erleben bestätigen. So sind die speziell an diese Altersgruppen adressierten Seminare stets ausgebucht. Das große Interesse an persönlicher Weiterentwicklung und Entwicklungsgesprächen mit den Führungskräften werde von den Unternehmen nicht ausreichend bedient. Noch immer stehen überkommene Altersbilder einer späten Karriere entgegen.
Wie fest Klischees und Stereotype noch immer verwurzelt sind, zeigt die Studie "Ageismus – Altersbilder und Altersdiskriminierung in Deutschland" auf. Rund ein Drittel der Befragten stimmt darin der Aussage zu, dass alte Menschen "Platz machen" sollten für die jüngere Generation, indem sie wichtige berufliche und gesellschaftliche Rollen aufgeben. (Siehe dazu auch Online-Konferenz "Change Maker 50+" im Jahr 2023.)
Abschließend gab es einen intensiven Austausch unter den Teilnehmenden, die ihre eigenen Erfahrungen und Vorschläge einbrachten. "Negative Lernerfahrungen in der Biographie hindern Menschen daran, Weiterbildungsangebote wahrzunehmen", so eine Teilnehmerin. Ein anderer stellte zur Diskussion: "Wenn ältere Mitarbeitende Herausforderungen im Umgang mit digitalen Anwendungen sehen, liegt das dann nicht vielleicht in der Verantwortung der Arbeitgebenden, mehr und passende Weiterbildungsangebote zur Verfügung zu stellen?".
Die Impulsgebenden und die anwesenden Praktiker/-innen zeigten auf, wie eine sinnvolle Weiterentwicklung von Gesundheitsprogrammen, die Förderung individueller Entwicklungsmöglichkeiten und eine stärkere Anerkennung der Generationenvielfalt in Unternehmen die Attraktivität des Arbeitsplatzes erhöhen können.
Die Veranstaltung endete mit der inspirierenden Perspektive: Der Fachkräftemangel kann durch eine bewusste Integration und Förderung der Generation 50+ entschärft werden. Das Forum BGM bot wertvolle Einblicke und konkrete Ansatzpunkte, wie Unternehmen das Potenzial älterer Mitarbeitender besser nutzen können, und eröffnete neue Perspektiven für eine nachhaltige und generationenübergreifende Personalpolitik.
Albrecht Wehner
Albrecht Wehner ist Dipl. Gesundheitswirt und gehört zu Generation X. Seit 15 Jahren betreut er im Gesundheitsmanagement Firmenkunden bei der Techniker Krankenkasse (TK). Außerdem ist er für den Gesundheitsreport der TK verantwortlich, der sich an Beschäftigte und Arbeitgebende richtet und stets ein aktuelles BGM-Thema in den Fokus nimmt.
Birthe Kretschmer
Birthe Kretschmer ist Vorstandsvorsitzende von ddn e. V. sowie Geschäftsführerin der ZEIT Akademie. Mit ihrem Team treibt sie die digitale Weiterbildung voran. Im Fokus stehen dabei Themen der Nachhaltigkeit, der Künstlichen Intelligenz und der Führungskräfteentwicklung. Seit mehr als zehn Jahren begleitet und berät Birthe Kretschmer Unternehmen im digitalen Wandel – zuvor unter anderem auch als Head of Publishing Management bei Territory, dem Marktführer für Content Communication, sowie als international tätige Beraterin für Verlage.
Klaus-Peter Mikulla
Klaus-Peter Mikulla ist Babyboomer und seit kurzem im aktiven Unruhestand. Vor 8 Jahren gründete er das betriebsinterne Netzwerk "Neue Generation 50+" bei Beiersdorf. Er ist in den vorzeitigen Ruhestand gegangen, um sein eigenes Unternehmen zu gründen. Zudem ist er Mitinitiator des betriebsübergreifenden Netzwerkes Change Maker 50+.
Dr. Leonie Koch
Dr. Leonie Koch ist Kulturanthropologin und Content Managerin sowie Gründerin des internen Netzwerks #experienced bei OTTO. Als Babyboomerin und passionierte Netzwerk-Gründerin seit Jahrzehnten ist sie Co-Founderin des unternehmensübergreifenden und überregionalen Netzwerks Change Maker 50+.
Hier erfahren Sie mehr zu der Online-Tagung "Change Maker 50+", die das Netzwerk jährlich umsetzt.